Das Telefonat mit einem ehemaligen Weggefährten, der mir von seinem Betrieb erzählte und klagte. Und dann die Predigt am Sonntag, in der es um Verantwortung und Schuld ging. Beides führte mich am Montag danach schnurstracks in die ISO 9001. Denn die ISO hat Antworten; sie stellt dar und klar, dass der Betrieb, in dem besagter Weggefährte beschäftigt ist, mit hoher Geschwindigkeit gegen die Wand gefahren wird. Denn die Menschen, die dort in Verantwortung sind, wirken launisch, ziellos, haben es nicht so mit der Wahrheit, geben eigene Fehler nicht zu, vertrauen allein auf Berater von außen und selbstverliebt auf sich selbst, klüngeln intern und neigen zur Detailkontrolle. Die ISO sagt: Geht gar nicht! Das ISO-Kapitel Führung gibt Aufschluss. Wir haben es in unserem Buch Qualität managen im Kapitel Chefsache aufgedröselt: Chef sein heißt präsent sein. Die ideale Führungsperson kennt das Team und jeden Einzelnen. Chef sein heißt transparent sein. Chef sein heißt den Rahmen vorgeben und aufrechterhalten. Ein guter Chef befasst sich mit den Herausforderungen und Chancen der Zukunft. Chef sein heißt Vorbild sein. Chef sein heißt für gute Arbeitsbedingungen sorgen. In der Predigt war dann noch von vier Grundvoraussetzungen eines respektvollen Miteinanders in der Arbeitswelt die Rede: denken, diskutieren, entscheiden, Fehler erlauben. Und mit Dietrich Bonhoeffer kam die Ethik in ihrer Schönheit um die Ecke: Wer sich in der Verantwortung der Schuld entziehen will, löst sich aus der letzten Wirklichkeit des menschlichen Daseins… Er stellt seine persönliche Unschuld über die Verantwortung für die Menschen, und er ist blind für die heillosere Schuld, die er gerade damit auf sich lädt, blind auch dafür, dass sich die wirkliche Unschuld gerade darin erweist, dass sie um des anderen Menschen willen in die Gemeinschaft seiner Schuld eingeht. Dass der Sündlose, der selbstlos Liebende schuldig wird, gehört durch Jesus Christus zum Wesen verantwortlichen Handelns. Gewiss sind die ISO und die Schriften Bonhoeffers nicht schwesterngleich. Aber – so abstrus das auch klingen mag – ich habe in ihnen schon denselben Geist entdeckt. Karikatur: „Führung“ – Frank Eichner